Der etwas andere Roll-out

am 15.09.2020

Die Digitalisierung im Logistiksektor ist unaufhaltsam und wurde durch die Coronakrise sogar noch beschleunigt. Dabei professionalisieren immer mehr Transportunternehmer ihre Angebotserstellung sowie Auftragsabwicklung über Transportmanagementsysteme. Die Anforderungen zur Integration ähneln sich auf nationaler Ebene stark. Wie sieht aber der Roll-out im internationalen Umfeld aus, und welche Spezifika müssen dabei beachtet werden?

 

Bessere Übersicht

 

Diese Frage stellt sich auch die ITO Frankfurt Hans Gerzymisch GmbH, die die Transportmanagement-Software intertrans in ihren sechs afrikanischen Niederlassungen ausrollen wollte. "Ziel des internationalen Roll-outs war es, eine bessere Übersicht über die einzelnen Transportaufträge zu bekommen, Änderungen leichter nachzuvollziehen und die Auftragsabwicklung insgesamt zu beschleunigen", sagt Oliver Lindenthal, ITO Group Managing Director.

 

In diesem konkreten Fallbeispiel handelt es sich um die synchrone Einführung eines TMS in den Niederlassungen von fünf afrikanischen Ländern des deutsche Speditionskonzern ITO Group. Im Gegensatz zu regionalen Roll-outs gib es demnach einige Besonderheiten zu beachten, um einen möglichst reibungslosen Ablauf zu gewährleisten:

 

  • Einheitliche Arbeitssprache wählen - in diesem Fall Englisch
  • Installation der Software-Version in der Arbeitssprache
  • Gründliche Vorbereitung der Konfiguration passend zum Stand für jede Niederlassung
  • Berücksichtigung länderspezifischer Anforderungen wie bei Abrechnung und Überleitung an die Finanzbuchhaltung
  • Software-Installation erfolgt online mit Datenfernübertragung auf den lokalen Server; danach ist bereits Echtbetrieb möglich
  • Unterschiedliche Infrastruktur / Internetleistung in den verschiedenen Ländern; daher keine Installation in zentralem Rechenzentrum oder Cloud möglich
  • Installation auf eine Server - anschließend Klone auf den anderen Servern installieren.

 

Neben den unterschiedlichen technischen Systemvoraussetzungen war die räumliche Trennung der größte Unterschied zu regionalen Roll-outs. Deshalb sind intensive Schulungen zum Erreichen einer deutlich größeren Selbstständigkeit nötig. Im konkreten Beispiel von ITO wurden daher mehrtägige Schulungen des Key Users durchgeführt. Ziel sei es gewesen, das System selbstständig vor Ort managen zu lassen und für alle Niederlassungen den Support selbst zu leisten. Zudem gab es eine Train-the-Trainer Benutzerschulung. Das heißt, dass jeder Niederlassungsleiter ebenfalls eine Basisschulung zentral vor Ort erhält, so dass jede Niederlassung befähigt wird, die weitere Betreuung völlig selbstständig zu übernehmen.

 

Unmittelbare Vorteile

 

Sind die Integrations- und Schulungsprozesse einmal abgeschlossen, ergeben sich unmittelbare Vorteile für das Transportunternehmen. Durch die gleiche Software in jeder Niederlassung wird der Datenaustausch erleichtert. Zudem werden durch die gleiche Systematik sowie die Verwendung einer einheitlichen Sprache und die Verwaltung vom Firmensitz Frankfurt aus Arbeitsprozesse verschlankt, beschleunigt und kosteneffizienter. Die Reporting-Funktionen des TMS ermöglichen einen transparenten Blick auf alle auftragsbezogenen Dokumente - von Angebot und Auftrag über Sendungsunterlagen und Frachtbriefe bis hin zur Rechnungstellung. Nicht zuletzt wird dadurch eine technische und Organisatorische Vorreiterrolle in der Branche eingenommen.
Oliver Lindenthal sagt: "Wir sind stets über den aktuellen Auftragsstatus informiert und können diesen regelmäßig an unsere Partner und Kunden Kommunizieren. Das schafft Vertrauen für gute, lange Geschäftsbeziehungen."

 

Nachgefragt

 

Wie hoch war der Zeitaufwand im Vergleich zu regionalen Roll-outs?

 

Oliver Lindenthal: Der Zeitaufwand ist deutlich höher, alleine schon wegen der größeren Entfernungen, über die die Implementierung und Schulung koordiniert werden muss. ITO Global Logistics ist unter anderem in Ländern wie Mali oder Niger vertreten. In diesen Ländern sind IT-Infrastruktur, Netzwerk und verfügbare Bandbreite auf einem sehr niedliche Entwicklungsstand. Dazu gibt es dort auch heute noch häufig Stromausfälle. Das heißt, zu den klassischen Herausforderungen eine Software-Roll-outs kamen noch grundlegende, regional bedingte Besonderheiten hinzu. Bevor wir das Projekt starten konnten, mussten wir für das TMS noch einen eigenen 1st-Level-Support aufbauen. Der hierfür verantwortliche Mitarbeiter arbeitet normalerweise remote aus unserem Büro in Tunis, sitzt aber in dringenden Fällen auch schnell im Flugzeug, um Probleme vor Ort zu lösen. Das war also noch ein Projekt vor dem eigentlichen Projekt und hat den Zeitaufwand erhöht.

 

Wie hoch war der Kostenaufwand im Vergleich?

 

Wenn mit "regionalem Roll-out" als Region Deutschland oder Westeuropa gemeint ist, dann war unser Roll-out sicherlich mit geringeren Kosten verbunden. Sie müssen bedenken, unser 1st-Level Support sitzt in Tunesien, einem Land mit deutlich geringeren Gehalts- und Lebenshaltungskosten. Wenn ich diese Kosten mit so manchen Rechnungen von Softwareanbietern in Deutschland vergleiche, können wir weit kommen Aber natürlich hatten wir im Rahmen eines kontinentalen Roll-outs über fast die ganze Breite des afrikanischen Kontinents auch substantielle Reisekosten. Das sind große Distanzen, die das Flugzeug unabdingbar macht.

 

Wie schnell wird sich die Lösung amortisieren?

 

Aufgrund der Kostenstrukturen in den afrikanischen Ländern funktioniert eine klassische ROI-Kalkulation mit Einrechnung von Rationalisierungen bei den Personalkosten so zunächst nicht. Das Transportmanagementsystem von Doll + Leiber bedeutet für ITO, die Ablaufsicherheit zu erhöhen und die Transparenz für Mitarbeiter und das Management vor Ort zu verbessern. ITO arbeitet weltweit aber in einigen besonders herausfordernden Regionen. In Afrika haben wir eigene Büros etabliert, um die Qualität abzusichern. Die Transportrisiken dort sind größer, die Lösungen individueller, und unsere Kunden haben hohe Erwartungen an unseren Service und die Kommunikation. Wir benötigen die Software aber auch, um diesen Kundenerwartungen gerecht zu werden und nachhaltig verlässliche und individuelle Lösungen anzubieten. Im zweiten Schritt erst ist das TMS dann die Plattform, auf der wir Wachstum und zusätzliche Aufträge schnell und effizient abbilden können. Nachdem wir ursprünglich drei Jahre für die Amortisierung veranschlagt hatten, gehen wir jetzt von einem längeren Zeitraum von vier Jahren aus. Vor allem bedingt durch das verlangsamte Wachstum als Folge der Pandemie.

 

Wie ist der internationale Roll-out insgesamt gelaufen? Welche Erkenntnisse nehmen Sie mit?

 

Eine Lektion ist ganz klar: Je früher man anfängt, eine einheitliche Software einzusetzen, desto besser. ITO Global Logistics hat Büros in West-, Nord- und Ostafrika: Senegal, in Mali, Niger, Tunesien und Ruanda. Demnach treffen wir auf unterschiedliche Mentalitäten, die auch die Einführung eines TMS beeinflussen. Und die mussten wir unter einen Hut bringen. Wenn wir zukünftig neue Büros gründen, wird es einfacher. Da bringen wir neben unserem Qualitätsmanagement und unserer Unternehmenskultur auch gleich das angepasste TMS mit. Was ich weiterhin sagen kann ist, dass ein solches Projekt nicht nur am Produkt hängt, sondern auch an den Personen, die dahinter stehen. Doll + Leiber war hier tatsächlich der benötigte Partner, der pragmatisch und flexibel unterstützt hat. Das ist für uns sehr wichtig gewesen. Eine weitere Lektion ist sicherlich, dass eine Pandemie einen Roll-out mit Schulungen, Reisen und Installationen stark ausbremst und Flexibilität gefragt ist. Da haben wir noch Glück gehabt und waren bis März schon sehr weit. Und schließlich: Dass in Ländern, die teilweise von Deutschland oder Europa aus als unterentwickelt und rückständig angesehen werden, die Bereitschaft zu Veränderung, zu neuen Dingen, zu lernen, riesig war! Die Energie, die Enthusiasmus und Engagement entfalten können, überwindet so manche Schwierigkeit und beeindruckt mich immer wieder.

 

Tobias Bosse

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